Das was sich zwischen Wirtschaft und Politik in Wildeshausen derzeit abspielt, kann man als Wildeshauser nur noch mit ungläubigen Kopfschütteln verfolgen. Die Akteure kommunizieren über die Medien, anstatt das direkte Gespräch zu suchen. Vorwürfe werden mit Gegenvorwürfen gekontert. Niemand scheint in der Lage zu sein, konstruktive Gespräche anzuschieben. Das die Wildeshauser Wirtschaft sich von Verwaltung und Politik vernachlässigt fühlt, das vermag ich nicht zu beurteilen. Fakt ist, dass Wirtschaftsförderung seit Jahren in Wildeshausen stiefmütterlich behandelt wird. Wie sonst ist es zu erklären, dass die vermeintlichen Probleme und Nöte der Wildeshauser Unternehmen offenbar im Stadthaus nicht wahrgenommen werden.
Wildeshausen. „Was will der Bürger? Ein Schwimmbad. Wir sind darauf eingegangen, da muss der Bürger aber auch einsehen, dass das irgendwie finanziert werden muss“, sagte Klaus Schultze von den Grünen während der letzten Sitzung des Finanzausschusses des Wildeshauser Stadtrates Ende September. Und diese Aussage macht sehr deutlich, wie einige oder mehrere Abgeordnete des Stadtrates denken. Das Stadtsäckel ist leer, also erhöhen wir die Steuern. Kein bisschen Selbstreflexion, weshalb es eine solch angespannte Haushaltslage der Stadt gibt.
Wildeshausen. Jetzt passiert es also. Der Abriss des Mittelteils am alten Feuerwehrhaus in der Huntestraße. Schon sehenswert, wie schon Tage zuvor der Bereich vor dem Feuerwehrhaus mit einem großen Bauzaun abgesperrt wurde. Und wie vorsichtig, ja geradezu filigran, der Baggerfahrer den Abbruch vornimmt. Sanft zieht er mit der großen Schaufel seines Arbeitsgerätes das Balkongeländer aus seiner Halterung, um es dann in einen bereitgestellten Container zu verfrachten. Der stehengebliebene Pfosten des Geländers erhält einen sanften Schubs und verabschiedet sich ebenfalls in Nirvana. Dieser Abbruch scheint so ganz anders zu sein, als der des alten Iverssen Hauses in der Bahnhofstraße. Dort kein Bauzaun, keine Container. Stattdessen einmal mit dem Bagger durchs Wohnzimmer gefahren und schon lag das Haus zu Erden.
Wildeshausen. Die Merkwürdigkeiten in Wildeshausen nehmen kein Ende. Da verschwindet mitten in der Gildefestwoche das ehemalige Iverssen-Haus in Sichtweite zum Bahnhof. Eben jenes Gebäude, für dessen Erhalt sich die Politik ausgesprochen hatte. Ob der Abbruch rechtens ist, bleibt zu klären, gegebenenfalls auch juristisch. Bemerkenswert ist jedoch die Vorgeschichte, wie sie sich bislang aus den Berichten der örtlichen Tageszeitungen entnehmen lässt. Der Investor, der an besagter Stelle einen Neubau errichten möchte, wird im Stadthaus vorstellig und stellt seine Pläne vor. Wann dies geschehen ist, ist erst einmal zweitrangig. Ob schon im Dezember 2022, wie in einem Artikel der Wildeshauser Zeitung zu lesen war, oder erst im Frühjahr 2023. Denn was in keinster Weise nachzuvollziehen ist, ist die Tatsache, dass in der Verwaltung im Stadthaus offenbar niemand Bedenken gegen einen Abriss hat. Und das, obwohl es einen Ratsbeschluss vom 13. Oktober 2022 gibt, im dem sich die gewählten Abgeordneten mit 26 Ja Stimmen, bei einer Gegenstimme und sieben Enthaltungen für das überarbeitete Stadtentwicklungskonzept 2030+ aussprechen.
Wildeshausen. Bei aller Kritik an Politik und Verwaltung hinsichtlich des Zustandes im Freibad; eine Leckage kann immer auftreten. Selbst wenn das Bad richtig gut in Schuss wäre.
Allerdings würde ich mir mehr Mut von beiden wünschen. Die Gemeinde Hatten hat gerade Förderanträge für ein Bürgerhaus im alten Sandkruger Feuerwehrhaus zurückgezogen. Ursächlich wegen Risiken bei der Umsetzung und den damit verbundenen Fristen. Das Vorhaben ist damit allerdings nicht ad acta gelegt worden, sondern bleibt in der Pipeline.
Angesichts der vielen Baustellen, die es in Wildeshausens Infrastruktur gibt, wäre ein solcher Schritt auch beim Projekt Stadtgrün mit Umgestaltung der Burgwiese und dem geplanten UZW sinnvoll gewesen. Erst sollte die Pflicht erledigt werden und dann die Kür. Auch die Umgestaltung der Innenstadt mag gut gemeint sein. Durch den weiterhin favorisierten Autoverkehrs wird die Aufenthaltsqualität indes nicht verbessert, auch nicht durch neue Bänke, Trinkwassserbrunnen und farbige Kunstobjekte. Also ebenfalls ein Projekt, was nicht zu Ende gedacht wurde.
Es wird in Wildeshausen nach meiner Auffassung zuviel herumgedocktert. Ohne ein sichtbares Ziel.
Wildeshausen. Am Thema Innenstadt scheiden sich die Geister. Und nicht erst, seit dem Hunte- und Westerstraße aktuell fast wieder in den Zustand der alten B213 gebracht wurden. Da mögen auch die Beteuerungen aus dem Stadthaus nicht helfen, dass nach der Umgestaltung der Parkplätze im Kern der Wittekindstadt nicht schneller gefahren wird als vorher. Der gefühlte Eindruck der Menschen, die in der Stadt bummeln oder in den Cafés verweilen, ist offenbar ein anderer. Und nur dieser Eindruck zählt. Denn nur dort, wo ich mich wohlfühle, das lasse ich mich nieder.
Die Befürworter eines weiteren, ausgeweiteten Autoverkehrs in der Stadt argumentieren mit dem drohenden Käuferschwund. Ein Argument, welches man Ernst nehmen muss. Denn immerhin geht es um die Existenzen von Geschäften und gastronomischen Betrieben. Zumal die Käuferinnen und Käufer am Westring alles das finden, was es auch in der Innenstadt gibt. Dazu unzählige kostenlose Parkplätze. Schon aus diesem Grund ist die allzeit hervorgehobene „Wildeshauser Liste“, die die Kaufkraft der Innenstadtgeschäfte stärken sollte, obsolet. Denn die Politik hat alles dafür getan, um das Angebot am Westring immer weiter auszudehnen. Da wird zum Beispiel ein Bio-Supermarkt genehmigt, der den angestammten Bioladen in der Innenstadt verdrängt. Diese Fehler sind nicht mehr zu revidieren.
Wildeshausen. Es wird also wieder eifrig gebuddelt in Wildeshausen. Die Westerstraße wurde für den Pkw-Verkehr parkfreundlicher umgestaltet. Sie hat jetzt fast wieder den Charakter der alten B213. Mit allen Einschränkungen für Fußgänger und Radfahrer. Zumindest hat die Verwaltung die Geschwindigkeitsanzeigentafel aufgestellt. Darauf kann jeder sehen, dass viele der Autofahrerinnen und Autofahrer das neugewonnene Platzangebot mittlerweile honorieren und mit 25 oder gar 30 km/h durchfahren. Das ist übrigens drei bis viermal soviel, wie in einer verkehrsberuhigte Zone mit 7 km/h erlaubt sind.
Bemerkenswert ist allerdings auch der Umstand, dass die Verwaltung die Umsetzung offenbar im Alleingang vorgenommen hat. Denn gleich mehrere Abgeordnete des Wildeshauser Stadtrates konnten sich zumindest nicht an die, von Bürgermeister Jens Kuraschinski angeführten, „intensive Beratungen und Erörterungen in den städtischen Gremien vorausgegangen seien, die in öffentlicher Sitzung stattgefunden hätten“ erinnern. Zwar hat es wohl im vergangenen Jahr ein Gespräch mit dem Handels- und Gewerbeverein (HGV) gegeben. Dabei kam auch der angedachte Parkplatzneubau hinter der Gildestube in Zwischenbrücken zur Sprache. Die vom HGV vorgebrachten Anregungen und Bedenken sind aber offenbar in keinster Weise in die Planungen der Verwaltung eingeflossen. Zudem ist der HGV nur einer der Akteure der Wildeshauser Innenstadt. Mit Grundstückseigentümern oder Anwohnerinnen und Anwohner wird erst jetzt gesprochen, nachdem es es zahlreiche Kritik hagelte.
Wildeshausen. Bürgermeister Jens Kuraschinski gefällt die Kritik an der Arbeit von Rat und Verwaltung nicht. In den Sozialen Medien würde immer wieder versucht, zu instrumentalisieren und zu polarisieren, um Entscheidungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. „Ich finde es sehr schade und Anfeindungen in den sozialen Netzwerken verantwortungslos, zumal wir in der jüngsten Vergangenheit vieles erreicht haben“, sagte Kuraschinski während des jüngsten Schaffermahls von Stadt und Wildeshauser Schützengilde. In einem Punkt hat Jens Kuraschinski recht: Anfeindungen und Beleidigungen, egal ob persönlich oder in den Sozialen Medien, gehen gar nicht. Und auch das in Wildeshausen vieles erreicht worden sei, mag stimmen. Doch die Beispiele, die er aufzählt, zeigen, dass es an Selbstreflexion mangelt.