Offener Brief zum Burkini-Verbot in Harpstedt
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Leonie Hohnholz
Groß Ippener, z.Zt. Mainz
Offener Brief an den Samtgemeindebürgermeister Herwig Wöbse
Anlass meines Briefes ist eine vor Kurzem getroffene Entscheidung zur Kleiderordnung des Rosenfreibads Harpstedt, die in einem Burkini-Verbot mündete. Es gibt viele Gründe, welche diese Entscheidung in Frage stellen. Diese möchte ich im Folgenden aufführen, in der Hoffnung, oder eher mit der Forderung, eine so diskriminierende Regelung noch einmal kritisch zu überdenken.
Zunächst einmal ging es ja um die Frage, wie der in der Badeordnung festgelegte Begriff „übliche Badebekleidung“ auszulegen ist. Sie sind in Absprache mit den Bademeistern und Bademeisterinnen zu dem Entschluss gekommen, dass der Burkini nicht in dieser Definition enthalten ist. Muslimische Frauen, ihr Glaube und somit auch Burkinis sind jedoch schon längst „üblicher“ Bestandteil Deutschlands. Das Begriffsverständnis, das der getroffenen Entscheidung zugrunde lag, zeugt also von einem engstirnigen Gesellschaftsbild, welches andersgläubige Menschen noch nicht als gleichwertige Mitglieder dieser Gesellschaft anerkennt und die aktuelle gesellschaftliche Realität verkennt.
Die ungestörte Ausübung ihres Glaubens ist in Deutschland durch den Artikel 4 des Grundgesetzes gesichert. Wenn diese Frauen also aufgrund ihrer Religion ihren Körper – einschließlich Unterschenkel, Unterarme und Haare – bedecken möchten, dann muss dies im Sinne der Religionsfreiheit auch im Rosenfreibad Harpstedt gewährleistet werden. Ist dem nicht so, nehmen Sie bewusst den Ausschluss einer bestimmten Bevölkerungsgruppe in Kauf. Sie machen auf diese Weise eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe unmöglich.
Das finde ich sehr schade, habe ich die Samtgemeinde Harpstedt bisher doch als einen offenen, inklusiven Ort wahrgenommen, der sich durch sein Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten auszeichnet. Das Verbot untergräbt nun diese bisher geleisteten Anstrengungen.
In einem Gespräch mit einem Bademeister wurde insbesondere die Wasserqualität als Grund für das Verbot angeführt. Auch die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen e.V. hat sich schon mit der Thematik befasst und kommt diesbezüglich in einem kulturwissenschaftlichen Gutachten der Universität Konstanz zu dem Ergebnis, dass trotz der Verwendung von Burkinis die allgemeinen Sicherheits- und Hygienestandards durchaus gewährleistet werden können. Sie sprechen deshalb klar die Empfehlung aus, Burkinis in öffentlichen Bädern zu erlauben, um „mehr Partizipation, Sichtbarkeit und Kontakte unterschiedlicher Lebensauffassungen zu ermöglichen, die – wie gezeigt wurde – schon jetzt integraler Bestandteil der deutschen Gesellschaft sind.“
Als Frau möchte ich auch noch einen weiteren, persönlichen Punkt anbringen: Wie ist es zu rechtfertigen, dass mir als Frau ein Mann vorschreiben kann, wie viel Haut meines Körpers ich bedecken darf? Es ist nicht tragbar, dass Sie als Mann, oder überhaupt irgendwer, einfach darüber bestimmt, wie bedeckt oder eben nackt ich mich in der Öffentlichkeit zeigen muss.
Ich bin der Meinung, dass sich die Samtgemeinde Harpstedt mit einer solchen Entscheidung in Hinsicht auf gelungene Integration keinen Gefallen tut. Menschen aus der Öffentlichkeit zu verdrängen, anstatt Begegnungen kultureller Heterogenität und Diversität möglich zu machen, schadet unserem gemeinschaftlichen Zusammenleben.
Redaktioneller Hinweis: Leserbriefe geben immer nur die Meinung des Verfasser wieder